WUT# Bürger: innen
Der:die Wutbürger:in scheint angekommen: In der Mitte der Gesellschaft. Vom wütenden Brüller bei STUTTGART21 und PEGIDA fand er oder sie eine Heimat im Schoß der AfD und der CSU. Plötzlich umworben von anderen Parteien wurde es schwieriger und schwieriger für ihn und sie, sich überhaupt noch zu entscheiden. Schien er:sie am Anfang als Abschaum und Ewiggestrige:r zu gelten, so rissen sich plötzlich alle um ihn:sie und zeigten Verständnis. Wenn der:die Bürger:in wütend ist, dann muss man das verstehen – so die Politik. Aber warum ist er:sie denn wütend und ist er:sie überhaupt noch wütend? Hat es was mit den Geflüchteten oder mit der Coronapolitik der Regierung zu tun oder geht es eigentlich um etwas ganz Anderes? Kann der Gutmensch den:die Wutbürger:in verstehen und umgekehrt? Ist es vielleicht manchmal ein und dieselbe Person?
8 Wochen hat das Team recherchiert, Gespräche und Interviews geführt und Expert:innen befragt. Über die Wut in der Gesellschaft und über die eigene. Über Demokratie. Und die Frage, wie Weltoffenheit, Toleranz und Angst zusammenpassen.
Nachdem Wutbürger:innen mitredeten und dann ihre Aussagen und Videos wieder zurückzogen, nachdem Performer:innen ausstiegen und Spielorte wegen hoher Inzidenzen absagten ging es auf einmal auch um die Wut der Künstler:innen. Um Angst zu scheitern und um ein Überfordertsein mit Veränderungen bei den Performer:innen selber. Eine Woche vor der Premiere wurde ein radikaler Schnitt beschlossen.
Wir verlassen unsere Komfortzone und gehen raus, treten in Kontakt mit Menschen auf der Straße, öffnen das Thema noch einmal ohne zu wissen was passiert und verstehen Partizipation im eigentlichen Sinne: Bürger:innen werden zu Performer:innen, nichts ist inszeniert, dokumentarisch und performativ passiert alles im Moment.
Es entsteht eine zweiteilige Performance: der erste Teil ein Film, eine Performance im digitalen Raum. Der zweite Teil in einer Kneipe, in der Publikum und Ensemble zusammenkommen und reden. Über Wut, über Angst, über Verständnis(losigkeit) und Hoffnung. Hoffnung, dass es bald besser wird und dass die Wut uns motiviert, Dinge zu verändern anstatt uns zu lähmen.